Etappe 2
Bei der Vorbereitung der Alpenüberquerung hatte ich den Abstieg nach Maria Alm als den schwierigsten Abschnitt der gesamten Tour eingeschätzt. Dank der Absicherungen ist er aber gut zu bewältigen. Über die für mich riskanteste Stelle habe ich bei der letzten Etappe berichtet. Aber der Reihe nach: der kalte Funtensee hatte über Nacht Nebel über dem Hochtal gebildet. Als ich gegen 8:20 h zur 2. Etappe aufbrach, waren davon noch Reste übrig.




Auch standen noch die Tautropfen auf den Tannennadeln (Fichten, Zirben?) .
Bedrohte Art

Nach einer knappen Stunde durchquerte der Weg ein Waldstück. Ich hörte seltsame Geräusche. Es war ein Bisschen wie der Ruf eines Raubvogels, der in ein Hühner- oder Taubengeräusch überging. Als das Tier näher kam, musste ich mich beeilen, den Fotoapparat zu zücken. Offensichtlich hatte ich das Auerhuhn, das dort lebt, gestört. Es versuchte mich zu vertreiben, indem es aus sicherem Abstand für ein paar Schritte so tat, als wolle es mich über den Haufen rennen.
Ich wollte dort nicht weiter stören und ging weiter. In der Logik des Auerhuhns aber ist es ihm tatsächlich gelungen, das böse große Wesen zu vertreiben.
Durchs Steinerne Meer
Ein paar Schritte später passiere ich die deutsch-österreichische Grenze am Grenzstein 152. Nicht viel weiter tauchte im Hintergrund die Schönfeldspitze, ein weithin sichtbarer markanter Gipfel am Horizont auf.

Aus dem gemütlichen Pfad wurde eine steinige, aber immer gut markierte Gasse.


Ich konzentrierte mich auf den Weg. Da nahm ich im Augenwinkel eine Bewegug wahr. Zuerst erinnerte es mich an eine Katze. Dann erkannte ich, dass es ein Murmeltier war. Es hatte mich noch nicht wahrgenommen. Schnell ging mein Griff zum Fotoapparat. Wahrscheinlich war der Wind günstig. Ich konnte es in seinem ganz normalen Bewegungsablauf aufnehmen.

Zwischendurch wechselte der Pfad wieder von steinig auf schotterig.
Warum knipsen eigentlich alle diesen Tümpel? Auf Open Street-Map - Karten als Schwarze Lache, bei Wikipedia als Scharze Lacke und bei geohack.toolforge.org als Schwarze Lake (Tippfehler?) bezeichnet. Wahrscheinlich, weil er Abwechselung von der sonstigen Umgebung bietet. Dabei sind die Steinformationen hier wirklich beeindruckend!


Im Grunde genommen ist bereits bevor die Fotos entstehen klar, dass der Eindruck, den man hat, wenn man inmitten des Steinernen Meers steht, sich nicht festhalten lässt. Trotzdem ist man versucht, schöne Aufnahmen davon zu machen.



Hier erleichtern in den Fels gehauene Stufen das Vorankommen.

Am Wegesrand wird es ab und an bunt.

Und dann tut sich plötzlich ein weiter Blick auf. Fast versteckt am Felsen kauernd erscheint das Riemannhaus, und daneben blickt man weit hinab ins Tal von Maria Alm und sogar bis zum Zeller See.
Vom Kärlingerhaus habe ich 3:50 h bis zum Riemannhaus benötigt, statt 3 h, wie es auf dem Wegweiser stand. Im Wanderführer sind sogar nur 2:15 h angegeben! Durch die pralle Sonne ging es deutlich langsamer bergauf, in der Ebene kam ich noch ziemlich normal voran.
Bergab

Am Riemannhaus angekommen legte ich eine kleine Rast ein. Gegen 12:30 h ging es weiter. Auf dem Wegweiser steht Maria Alm 2 h. Das mag bei einer Distanz von 8 km durchaus zutreffen, wenn die Strecke eben ist. Hier geht es aber gleichzeitig auch 1370 m bergab, mit besonderen Anforderungen im oberen Teil.
Direkt hinter den Wegweisern zerfasert der Weg, wobei die grobe Richtung immer klar ist. Man sucht sich einen ausgetretenen Pfad, der möglichst einfach erscheint. Ich hatte ein bisschen Angst, mich möglicherweise mit den Händen in den Schlaufen der Stöcke zu verheddern. Daher habe ich im Abstieg die Schlaufen nicht genutzt.

Alle Wege führen zu den Pfosten eines Gatters, hinter denen man die ersten Stufen zum Abstieg betritt. Der Weg verläuft jetzt mit einem Stahlseil gesichert eng am Felsen entlang, teils als Pfad, teils als in den Fels geschlagene Treppe. Bei gutem Wetter muss man sich zwar auch noch konzentrieren, aber insgesamt kam bei mir an keiner Stelle ein unsicheres Gefühl auf. Die Herausforderung bestand diesmal in den hohen Temperaturen und darin, der direkten Sonnenstrahlung ausgesetzt zu sein. Dass ich von dieser Passage kaum Fotos gemacht habe, hat mit der notwendigen Konzentration auf den Weg zu tun.


Ich zeige hier das Bild von Kopf der Seite noch einmal, damit man nicht blättern muss. Der hoch aufragende Felsen halbrechts, der Sommerstein liegt direkt neben dem Riemannhaus, das auf dem Bild nicht sichtbar ist. Direkt links davon befinden sich die Stützen der Versorgungsseilbahn. Eine weitere Stütze findet man in der Mitte der oberen dunkelgrünen Bepflanzung. Bereits oberhalb davon ist der Weg schon deutlich flacher geworden.
Die Sonne begann nun richtig zu brennen und alle Wanderer wünschten sich nichts sehnlicher als Schatten. Der Weg führte auch durch die Schonung hindurch. Es handelt sich bei den Pflanzen leider um Latschenkiefern. Diese erreichen zumindest an dieser Stelle eine Höhe, die einen Meter nicht wesentlich übersteigt. Schatten also Fehlanzeige. Dazu kam, dass sie bei knapp 30° C ätherische Öle verdunsten, was die Durchquerung zu einem saunaähnlichen Erlebnis machte.
Nach 2 h kam ich an einen kleinen Felsüberhang auf ca. 1600 m Höhe, noch ein kleines Stück oberhalb der Talstation vom Versorgungslift des Riemannhauses, der mir für eine kleine Pause Schatten spendete Es war sehr heiß, und ich war sehr langsam, selbst bergab.
Von hier hatte ich einen schönen Blick auf die Strecke, die ich letztes Jahr gelaufen war, Hinterreit auf 900 m, hoch zur Schwalbenwand, das Ganze sehr schön anzusehen, rechts den Zeller See, auch sehr schön. Um die Alpenüberquerung in einem durchzulaufen, hätten die Buchungen klappen und das Wetter stimmen müssen. Das Statzer-Haus war übrigens auch hinten auf der Kuppe erkennbar.
Obwohl ich nur mühsam voran kam, war ich froh bergab unterwegs zu sein. An den beiden folgenden Tagen war eine Prozession von Maria Alm nach St. Bartholomä geplant. Mir kamen schon Wanderer entgegen, die daran teilnehmen wollten und eine der wenigen Schlafgelegenheiten im Riemannhaus ergattert hatten. So wollten sie die Anstrengungen besser verteilen. Ich befürchte, dass ich den Aufstieg an dem Tag nicht geschafft hätte.
Das obige Foto entstand querab von der Talstation des Versorgungslifts. Ein Stück weiter kommt der erste Wanderparkplatz - also der letzte von Maria Alm aus gesehen. Die App besagte, dass ich noch 6,3 km vor mir hätte, ca 800 m bergab, und dass ich das in 1:30 h schaffe. Ich hielt das für sehr optimistisch.
Nach einer halben Stunde lagen noch 5,5 km vor mir und die App kalkulierte mit 1:15 h. An dieser Stelle hatte ich den mit mehr als 2 l bis zum Rand gefüllten Wasserbeutel komplett leer getrunken. Dazu noch einmal 0,5 l Zitronensprudel am Riemannhaus und bereits einige Schlucke aus der ersten Trinkflasche. Die andere füllte ich nun in den Beutel um, da man damit bedarfsgerechter trinkt.
Bei der vorletzten Etappe habe ich über Steinschläge berichtet. Auch in diesem Taleinschnitt hört man welche. Das scheint jetzt ja langsam allgemein ein Phänomen in den Alpen zu sein.

Während die Menschen stöhnten, gab es andere Lebewesen, denen das Wetter sichtlich entgegen kam.
Gegen 17:30 h war ich in Maria Alm angekommen. Fünf Stunden ab dem Riemannhaus! Einige Wanderer mutmaßten, dass die oben angegebenen 2 h sich nur auf den Abschnitt bis zum ersten Parkplatz beziehen. Von da wären es noch einmal 1.5 h laut Schild gewesen, aber aufgrund der Hitze hat es eben so lange gedauert. Wobei die letzten 40 Minuten wieder gingen, da stand die Sonne tiefer und war nicht mehr so stechend.
Noch einmal die Daten: für 14,2 km mit 600 m Aufstieg und 1430 m Abstieg benötigt man laut Wanderführer 5:30 h. Ich war 9:10 h unterwegs, davon ca. 30 min Rast und im mittleren Abstieg mehrfache kurze Erholungspausen.
Zukünftig werde ich wohl noch mehr auf einen mittleren Temperaturbereich angewiesen sein. Denn auch bei der nächsten Etappe, mit der ich letztes Jahr gestartet war, hatte ich schon Probleme durch hohe Temperaturen und direkte Sonneneinstrahlung gehabt.