Laut Wanderführer hatte ich heute 3:15 h von der letzten Etappe nachzuholen, um anschließend 2:30 h später die Wangenitzseehütte zu erreichen. Es ist ja klar, dass das unrealistisch ist, aber auch, dass es eine längere Etappe würde. Daher brach ich bereits um 7:45 h auf.
Zur Gößnitzscharte
Die Sonne stand so früh noch recht niedrig. Der Wanderweg lag im Schatten, insgesamt war es eher kühl. Nach 50 min hatte ich eine Geländestufe hinter mich gebracht und ein flacher Bergsee lag vor mir. Welche Kamera kann sich so ein Motiv entgehen lassen?



Die grobe Richtung war eigentlich immer klar, eher stellte sich für jeden Schritt die Frage wohin ich den Fuß bestmöglich setzen sollte.
Von der linken Seite des Tals waren jetzt wiederholt Steinschläge zu hören, weit von mir weg. Ich konnte die Ursache und die Stelle nicht genau erkennen, ob sie z.B. durch einen Menschen oder ein Tier ausgelöst wurden oder ob da überhaupt ein Weg ist. Es könnte auch sein, dass da niemand war und das ganze durch das Auftauen des Eises, das die Bergspitzen stabilisiert, ausgelöst wurde. Auf der Elberfelder Hütte war davon berichtet worden, dass auch in der Schobergruppe Bergkämme wegen der Erwärmung bröckeln und dadurch bewährte Routen gefährdet sind.

Innerhalb der nächsten Stunde kamen seltsame andere Geräusche hinzu, lebendigen Ursprungs, aber kein Wesen zu sehen! Nach 2 h hatte ich die Gößnitzscharte erreicht. Dahinter zeigte sich des Rätsels Lösung: 2 Schäfer waren dabei ihre Schafe ins Tal zu treiben, und sie hatten sich als Tierstimmen-Imitatoren versucht.






Gletscherschmelze
Etwa eine Stunde war an den abgerundeten Steinen seit der Gößnitzscharte vergangen. Von unten kamen mir Wanderer entgegen, die mich fragten, wie ich an dem Gletscher vorbeigekommen sei. Ich sagte, dass unterwegs kein Gletscher war. Sie hätten eine ältere Karte, in der einer eingezeichnet sei. Da fiel mir ein, dass der Wanderführer auch im Text einen Gletscher erwähnt. Die erste Auflage ist vom 2016, da mag es ihn noch gegeben haben! Die 2. Auflage ist von Frühjahr 2021, dürfte also den Stand von 2020 widerspiegeln. 2023 gibt es zwischen Elberfelder Hütte und Gößnitzscharte keinen Gletscher mehr. Ich habe abends einem Wanderer, der den selben Abschnitt gelaufen ist, von diesem Zusammentreffen erzählt. Auch er war sich sicher, dass es in besagtem Abschnitt keinen Gletscher mehr gibt.
Hinab zur Lienzer Hütte


Bei den abgerundeten Steinen fielen mir diese Wasserpflanzen auf. In der Nahaufnahme sind die Halme in unterschiedlichen Abständen zur Kamera scharf. Dagegen kann ich bei keiner einzigen Blüte eine klare Struktur erkennen. Was könnte das sein?



Während ich auf dieser Zwischenstufe ein paar Fotos machte, reichte der Blick nach rechts hinunter ins Tal für die Vorstellung, wie weit es noch bis zur Lienzer Hütte sein könnte. Der Wanderweg verläuft zum Glück nicht so steil :-) .
Wie man sieht, war es mittlerweile auch sonniger geworden. Ich überlegte immer wieder, ob ich das langärmelige Shirt ausziehen sollte. Aber dann kam ich wieder an Stellen, die so kalt waren, dass zwei Shirts über einander sich genau richtig anfühlten.
Mittagspause
Bei der Planung der Reise hatte ich die Vorstellung gehabt, dass es doch schön wäre, von morgens bis mittags zu einer Hütte zu wandern, dort eine leckere Mahlzeit zu mir zu nehmen und dann den Weg fortzusetzen. Nun hat sich ja ein Etappenverlauf ergeben, bei dem das nicht so häufig möglich war. Und in der Salmhütte hatte ich nur Lust auf ein Getränk. Bei der Lienzer Hütte hätte es gut klappen können. Nur war ich entweder zu langsam oder die Zeitangaben haben mich verunsichert.
Letztendlich kam ich nach 4 h an einem Rastplatz an, von dem man auf die Lienzer Hütte hinabblicken konnte, und ich beschloss, dort von meinem Proviant zu zehren und durchzulaufen. Auf dem 2. Foto ist der Rastplatz beim Gipfelkreuz.


Durchmarsch
Nach 4,5 h kam ich im Tal unterhalb der Hütte an. Der Wegweiser an der Elberfelder Hütte hatte 3 h angezeigt. Jetzt stand auf dem Wegweiser zur Wangenitzseehütte 4 h. Das stresste mich schon ein wenig, denn ich wollte rechtzeitig vor dem Abendessen dort sein! Beim nächsten Mal würde ich aus einer solchen Etappe zwei machen.



Ab der Lienzer Hütte geht man erst bachabwärts und hält sich an der Gabelung links. Nach einiger Zeit geht es im Zickzack steil hinauf. Dabei kommt der Weg an dem Wasserfall vorbei. Danach geht der Weg zwar weiter bergauf, aber es fühlte sich nicht anstrengend an. In diesem Teilstück kommt man gut voran. Nur das letzte Stück vor der Unteren Seescharte wird noch einmal steiler und entsprechend anstrengend.

Die nächsten 2 Stunden habe ich keine Fotos mehr gemacht und war mehr mit zügigem Wandern beschäftigt. Die optischen Eindrücke wiederholten sich auch. Mir ging durch den Kopf, dass ich viele große und nur sehr wenige kleine Dinge fotografiert habe. Die gab es tatsächlich in viel größerer Anzahl. Aber man muss darauf vorbereitet und dazu ausgerüstet sein. Mit Spiegelreflexkamera würde ich eher eine kürzere Tour machen.
Das Ziel

Von der Unteren Seescharte hat man einen schönen Blick auf die letzten Meter bis zur Wangenitzseehütte.
Insgesamt war ich auf dieser Etappe 8:20 h unterwegs. Gegenüber dem Wegweiser an der Lienzer Hütte habe ich sogar 10 min gut gemacht. Eine Erklärung könnte sein, dass die Tourismus-Verbände dabei sind, die Berechnungsgrundlagen zu verändern. Vielleicht schreibe ich dazu später mal einen Artikel.
Bei der Wangenitzseehütte waren die Duschen defekt, und auch die sonstige Wasserversorgung eher spartanisch. Der ganze Rest war aber OK.